Was geht, Journalismus? Teil 35. Neues Jahr, neuer tip Berlin. Nun gibt es also die letzte Überlebende der großen Berliner Stadtmagazine nur noch monatsweise, für jeweils 7,50 €, die Januar-Ausgabe zählt fette 196 Seiten. Das wäre mal wieder eine Gelegenheit, an den erst übernommenen, dann abgeschafften Konkurrenten, die zitty Berlin zu erinnern. In ihren letzten Zügen gab es ja den kurze Moment der Hoffnung, sie könnte sich als stadtpolitisches Magazin mit Veranstaltungshinweisen doch noch mal deutlich vom hippen Food-Photgraphy-Lifestlye des tip abgrenzen und damit langfristig durchkommen. Naja, wie man weiß, haben die Food-Typen gewonnen. Nun stellt sich mit dem erneuten Relaunch des Platzhirschen einmal mehr die Frage: Wozu gibt es Stadtmagazine? Im aktuellen Editorial heißt es dazu: "Komplett, das ist heute das Internet. Der tip dagegen ist jetzt eher schlau, schön und kuratiert." To make a langes Augenrollen short vergleiche man das Tagesprogramm vom Donnerstag letzte Woche (links) mit jenem vom kommenden Donnerstag (rechts unten). Fazit: Das Komplette war immer schon Augenwischerei (das trifft natürlich auch auf "das Internet" zu). Aber ein simpler Vorteil der Stadtmagazine bisher war doch die tägliche Übersicht, weder komplett, noch besonders schön, aber tabellarisch, in alphabetischer Reihenfolge, nach Veranstaltungsort. Die Schlauheit wurde den Lesenden zugetraut. Es wurde sortiert, statt kuratiert! Wie (un)glücklich auch immer die Benennungen der einzelnen Kategorien waren, hier sah man auf einer Seite, auf einen Blick: Vielfalt, Abwechslung, mehrere Blasen auf einmal. Nur hier stand unter "Bühne" das ACUD Theater VOR dem Berliner Ensemble und hatte eine ähnliche Chance wie die "großen Häuser", nur mit einem Stücktitel samt Uhrzeit Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nun nehmen drei, vier Tagestipps (natürlich mit Foto) den ganzen Platz ein (wie diese Tipps in der Regel "kuratiert" werden ist freilich nochmal ein ganz anderes Thema...) Damit verzichtet der tip ohne Not auf das, was die Stadtmagazine seit Jahrzehnten doch im Kern ausmachte. Da hilft auch kein QR-Code (zum "gesamten Programm" im Internet, das ebenfalls weder komplett noch transparent sortiert ist). Am Ende des Impressums prangt übrigens (wie schon zuvor, mir ist das nur nie aufgefallen) das landeseigene Logo "Partner für Berlin", Bär inklusive. Es ist wohl Zeit, sich zu entpartnern...
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