Dauer:
Tickets:
Gespielt am:
Rezitation:
Mariam Meetra
Klavier & Gesang:
Cymin Samawatie
Klarinette:
Mona Matbou Riahi
Querflöte & Santur:
Azin Zahedi
Vibraphon:
Taiko Saito
Kanun:
Eleanna Pitsikaki
Violine:
Maria Reich
Nay & Kawala:
Mohamad Fityan
Bassklarinette & Elektronik:
Milian Vogel
Kontrabass:
Ralf Schwarz
Konzerteinführung:
Philip Geisler
Die Programmreihe „Unsettling Sounds“ des Berliner Trickster Orchestra führt Lyrik und musikalische Klänge zusammen, die von tiefen zeitgenössischen Erschütterungen erzählen. Über den gesamten Globus hinweg erleben Menschen, dass sie durch repressive Regime, den Verlust von Freiheit, durch Ungleichbehandlung, Rassismus oder Vertreibung in ihrem Dasein bedroht sind. Solch existenziell destabilisierende Erfahrungen lassen sich in rationaler Sprache kaum ausdrücken.
„Unsettling Sounds“ formuliert über zeitgenössische Musik und Lyrik einen neuen Ausdruck für die subjektiv erfahrenen Zustände unserer Zeit. Im Rahmen des Projekts „Goethe-Institut im Exil“ präsentiert das Trickster Orchestra unter der Leitung von Cymin Samawatie an diesem Abend ein Programm zu Iran und Afghanistan. Das gemeinsam mit der afghanischen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Mariam Meetra kuratierte Konzert rückt damit zwei Länder in den Fokus, in denen viele Frauen um ihr Recht auf Leben, Teilhabe und Selbstbestimmung ringen. Das Trickster Orchestra schafft gegenüber solchen Bedrohungszuständen eine akustische Ausdrucksform der globalen Verbunden und Verflochtenheit, die im transtraditionellen Klang Präsenz gewinnt. An vielen Orten der Welt waren Musik und Poesie nie strikt voneinander getrennt. Die Gedichte der Lyrikerinnen Forugh Farrochzād (1935–1967), Mariam Meetra (*1992), Shafiqa Khpalwak (*1996), Cymin Samawatie (*1976) und Atefe Asadi (*1994) auf Farsi, Dari und Paschto artikulieren in eindrucksvollen Bildern die Grenzen der Ausdrucksfähigkeit gesprochener Sprache. Sie blicken auf Unfreiheit und stellen weiblichen Perspektiven im inneren und äußeren Exil in den Vordergrund. Schließlich kreisen sie um die Frage, wie inneres Bewusstsein Anerkennung finden kann, das von Leid, Heimatverlust und Freiheitskampf gezeichnet ist. Bei der Vertonung der Gedichte ermöglichen neue Improvisationskonzepte und Besetzungen, innere Zustände im Klang einzubinden. Spielanweisungen zu sich reibenden Frequenzen und Disharmonien verursachen akustische Störungen, denen das Ensemble unerwartet ausgesetzt wird. Strukturen lösen sich in Soundscapes auf, die sich nicht beruhigen, die nicht ihren Ort finden.
Die Klänge und Gedichte teilen so ein emotionales Terrain von Schmerz, Zerrissenheit und zugleich der Suche nach Handlungsfähigkeit. Sie spiegeln die komplexen Schattierungen weiblicher Erfahrungswelten im Kampf gegen Unterdrückung und ermöglichen es uns, inneres Bewusstsein wahrzunehmen und uns mit ihm zu identifizieren, um auf diese Weis sein Wesen zu stärken.
Das Konzert ist Teil des Monats der zeitgenössischen Musik Berlin der initiative neue musik e.V. / field notes berlin.
Das Berliner Trickster Orchestra vereint in variierenden Besetzungen herausragende Musiker*innen und Vokalist*innen aus Elektronik, Neuer Musik, globalen klassischen Traditionen, Jazz, Alter Musik und freier Improvisation. Über das bloße Nebeneinander hinaus fördert das Kollektiv gemeinschaftlich-gleichberechtigte Entwicklungsformen, um eine zeitgenössische, von radikaler Vielfalt geprägte transtraditionelle Musiksprache zu formen, die einer postmigrantischen, vielfältigen Gesellschaft Ausdruck verleiht. Traditionen und Fertigkeiten werden zu Werkzeugen, die musikalische Innovationen und neue Klangerfahrungen eröffnen. Das von Cymin Samawatie und Ketan Bhatti geleitete Orchester erhielt 2022 den Deutschen Jazzpreis als Bestes Großes Ensemble und den TONALi Musikpreis „Mut zur Utopie“. Cymin Samawatie erhielt 2022 den Berliner Jazzpreis für ihre Arbeit mit dem Trickster Orchestra. 2023 wurden sie und Ketan Bhatti mit dem Deutschen Musikautor*innenpreis ausgezeichnet. 2024 hat die Deutsche Bundesregierung das Ensemble durch die Aufnahme in die „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ gewürdigt.
Das Projekt „Goethe-Institut im Exil“ wurde im Oktober 2022 in Berlin gegründet und soll Künstler*innen und Kulturschaffende aus Ländern, in denen das Goethe-Institut und andere internationale Kulturinstitutionen ihre Standorte aufgrund von Kriegen oder Zensur schließen mussten, unterstützen und bestehende Netzwerke aufrechterhalten. Neben künstlerischen und diskursiven Programmformaten stehen die Vernetzung mit verschiedenen Kulturszenen und Community-Arbeit im Mittelpunkt der Aktivitäten. www.goethe.de